Soeben ein Anruf einer Mitarbeiterin der Pfarrgemeinde, dass der Gottesdienst am Heilig Abend ausfällt. Ich bin einer der 50 Zugelassenen, die sich früh dafür angemeldet hatten, der Messe wie von den vorhergehenden Monaten gewohnt mit großen Sicherheitsabstand, sterilgesprühten Händen und Maske beizuwohnen.

„Wir haben uns entschieden, den Gottesdienst ausfallen zu lassen. Und wünschen dennoch ein Frohes Fest!“

„Aber warum denn um alles in der Welt!?“

„Aus Vorsicht“, sang die Stimme am Telefon.

„Aber die letzten Sonntage ging es doch auch!“

„Wir haben so enschieden, aus Rücksicht auf die Gesundheit, die ist uns das Wichtigste“

„Aber der Glaube ist doch auch wichtig, ach Quatsch, er sollte an erster Stelle stehen, gerade heilig Abend…“, gab ich zurück obwohl ich bereits einsah, dass die Sache zu nichts führen würde. Doch ich fügte noch schwach an: „Stand heute gibt es im ganzen Landkreis Schleswig/Flensburg gerade mal 3 Infizierte. Ich wiederhole: drei!“

„Wir haben das mit dem Pfarrer in Flensburg so abgesprochen, im Übrigen gab es in der Vergangenheit auch im Margarethehenkrankenhaus in Kappeln einen schweren Fall. Uns tut es doch auch leid….hallo?… Hören Sie, wir haben schon im November einen Weihnachtsgruß aufgenommen, der auch über den Fernseher und den Computer angesehen werden kann, um auch Ihnen ein Stück weit einen weihnachtlichen Gruß zu senden…“ Die Stimme war so weich und krankenschwesternbesorgt, dass ich aufgab und ein Frohes Fest wünschte, und mir die Ortschaft und die Kirche notierte, auf deren Vorplatz eine open air Messe angekündigt war.

 

Ich rufe empört Martin Mosebach an, bei dem ich mich sowieso seit langem schon melden wollte, und er beschimpft mich, stellvertretend für meinen Berufsstand, es seinen doch „Typen wie du, die alles hysterisieren und damit für Schließungen sorgen“, und er denkt garnicht daran, dass ich am längeren Hebel sitze, weil ich seinen Roman, der Ende Januar herauskommt, verreißen könnte, nur so, aus Rache, soll es schon gegeben haben, wenn ich an meine eignen Bücher denke und manche sogenannte Kollegen, aber er sitzt, jetzt was die Weihnachtsgottesdienste angeht, in Frankfurt am längeren Hebel, er kann gleich zwischen drei verschiedenen auswählen, und natürlich hat er recht, was die Hysterisierungsbereitschaft der Journaille angeht, aber die trifft nicht nur meinen Berufsstand, sondern auch Pfarrgemeinderätehelferinnen, ach was, das ganze deutsche Volk, sofern man noch davon reden darf, da genügt am Vorabend zu Heilig Abend eine Empfehlung der Bundesärzteschaft und alle stehen stramm, wie überhaupt das Strammstehen eine altdeutsche aber revitalisierte Tugend zu sein schein, ein Volkstugend der Volksgemeinschaft, die um die Volksgesundheit besorgt ist – wie schön süffigspöttisch mein leider abtrünniger ehemaliger buddy Jan Fleischhauer das in seiner Focus-Kolumne herausgearbeitet hat https://www.focus.de/politik/deutschland/focus-kolumne-von-jan-fleischhauer-unseren-lockdown-gib-uns-heute_id_12791881.html – und wer das Strammstehen am härtesten befördert, beziehungsweise das Zügel-Stramm-Ziehen am Rigorosesten einfordert, dem fliegen die Herzen zu, wie es die CDU als Partei der den Hosenboden des „großen Lümmels Volk“ (Heine) stramm ziehenden Kanzlerin gerade erlebt, ein wahrer Höhenrausch und Jans eigener Ministerpräsident Bayerns Markus Söder, der fröhliche Sadistenbursch aus dem Frängggischen (ein knorrigstandfester Bayer wie FJS hätte diesem Bäumeumarmenden Frauenquotenopportunisten in den Hintern getreten), der erlebt gerade nichts weniger als einen Popularitätskick in die Sterne, als hätte er eine Line von München bis nach Nünbeeeesch gezogen, siehe auch meinen neuen Suchtberater 🙂 

…und da frage ich den welterfahrenen alleswissenden Freund Martin Mosebach woher diese Wonne des Strammstehens in diesem deutschen Volke kömme und er gibt freimütig seine Ahnungslosigkeit preis mit der oberfaulen Begründung „Das Volk hat sich von mir absentiert“, worauf er mit mir katholischem Konfessionsbruder in sicherere Fahrwasser parliert, nämlich ins nichtsdestotrotzige protestantische Lebenswerk des Kant-Schulfreundes Johann Georg Hamann, dessen Monografie von Till Kinzel mir der Karolinger-Verlag auf mein Verlangen hin zugeschickt hat.

Ein durch und durch rätselhafter Mensch. Freund und Gegenspieler Kants. Entschlossener Gegner der Aufklärung (und deren Hybris). Lutherischer Protestant. Der Katholik Nicolás Gómez Dávila

hat über Hamann einmal gesagt:

„Die Geschichte des Christentums beginnt aufs Neue mit dem ersten europäischen Bekehrten seit 1700 Jahren eines hergebrachten Christentums – mit der Bekehrung Hamanns.“

Ein kleiner Zollbeamter in Königsberg. Der Romantiker und Katholik Eichendorff sieht in Hamann „den merkwürdigen Kampf des Pietismus mit einer Faust’schen Natur: einen ungestümen Glaubensdrang bei ebenso ungestümer Sinnlichkeit und einen brennenden Durst nach Erkenntnis, gegen die sich jenes religiöse Gefühl beständig sträubt“. Auf mich wirkt das eher wie eine unwiderstehliche Lebens- und Erkenntnisbahn.

Aber Hamann ist schwer verständlich, ist dunkel auch für sich selber, er sagte mal, dass er seine eigenen frühen Schriften nicht verstehe, weshalb mir Mosebach – neben Till Kinzels wunderbarem Buchessay „Johann Georg Hamann – Zu Leben und Werk“, Karolinger-Verlag, 2020, 208 S., 22,00 Euro – die Biografie Josef Nadlers empfiehlt, die allerdings nur noch antiquarisch zu haben sei. Mosebach berichtet von Kants Ausruf, er liebe Hamann, „wenn er doch nur in einer für Menschen verständlichen Sprache schriebe!“

Desweiteren große Freude über das Buch „Sämtliche Scholien zu einem inbegriffenen Text“,

ebenso des Karolinger-Verlages, das sämtliche 10 370 Aphorismen des katholischen Reaktionärs und enzyklopädisch gebildeten Weltklugen Nicolás Gómez Dávila enthält. Zum Beispiel, Nr.15666: „Es gibt Wahrheiten, die so vulgär sind, dass wir kein Recht haben, sie anzunehmen.“ Oder gleich die nächste Scholie: „Der biblische Prophet ist kein Augur, sondern Zeuge der Anwesenheit Gottes in der Geschichte“. Unter Scholien versteht man Randbemerkungen zu antiken Texten, und der „inbegriffene Text“, auf den sich Gómez Dávilas Scholien beziehen, entsteht durch diese selber. Eine Mystifikation. Eine Art Bildertabu wie im jüdischen Glauben. Eine Verweigerung des kategorialen Denkens durch irgendwelche definitionen. Statt dessen sowas: „Der Spott des Ungläubigen überrascht mich nicht. Eher sein übliches Wohlwollen gegenüber dem absurden Schauspiel des Glaubens…Der Ruf des Reisenden in der Steppe muss den langweilen, für den sie eine Wüste ist.“

Wenn es ein Bild gibt für „in Reih und Glied stramm stehen“, dann ist es das, das sich uns in der Baumschule des Bauern die Straße runter bot, bei dem wir unseren Weihnachtsbaum holten.

 

Ich schritt mit meinem Sohn die Reihen ab, tätschelte hier ein Ästchen, brachte dort einen Zweig ins Wippen, schließlich entschied die obere Beastung und die Baumspitze.

Diese wurde dann wie es sich gehört weiter zugespitzt und in eine verspiegelte Glasspitze geschoben, der Rest mit farblich abgestimmter Konfektionsware an mattrosa und grünglänzenden Kugeln von OBI behängt und so die kurz aufklaffenden Möglichkeitsspalt mit der Hoffnung auf Unterschied und Individualität gleich wieder geschlossen, wiewohl allerdings die handbemalte Mini-Krippe aus Peru doch wiederum Einzartigartigkeit hergestellt haben dürfte…

Und so haben dann auch wir gleichgezogen mit den Nachbarn, was soll an einem solchen Vor-Festtag das gerde von Individualität, wenn es doch um die einzige Sonderheit geht, die zählt, nämlich Gottes Eingriff in die Menschheitsgeschichte, um die Geburt des Christus und den Beginn der Christenheit

FROHE WEIHNACHTEN WER UND WO IMMER IHR AUCH SEID!!!!

 

 

 



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