Man kann sich die Hektik am Freitag vorletzter Woche in der Schaltkonferenz der «Tagesthemen» gut vorstellen. Alle hatten sich auf ein nettes Familienprogramm zum Jubiläum der «Sendung mit der Maus» eingestellt, Moderatorin Pinar Atalay sollte die Maus total inklusiv auf Türkisch begrüssen, und nun das: Das Kölner Verwaltungsgericht verbot dem Verfassungsschutz vorläufig, die AfD öffentlich als «Verdachtsfall», gar als «rechtsextremistisch» einzustufen, da es in einem Wahljahr besonders, ein Verstoss gegen das Prinzip der Chancengleichheit bedeute.

 

Ein Schreck. Die AfD nicht «rechtsextrem» nennen? Schliesslich hatte der ARD-Verbund bis dato nichts anderes betrieben, als die grösste Oppositionspartei im Lande zum finsteren demokratischen Störenfried zu erklären. Und jetzt diese Kehrtwende? Diese Ohrfeige für die Schlapphüte und ihren von der Regierung installierten Chef Haldewang?

 

Die Wahl des Kommentators fiel auf einen dieser jungen, nett-strubbeligen Dreitagebärte, Martin Schmidt mit Namen, offener Hemdknopf, Siegerlächeln, total demokratische Sportskanone. O-Ton Schmidt: «Wir leben in einem Rechtsstaat, das geht einigen in der AfD schwer über die Lippen. Sie bemüht lieber dumpfe Diktaturmetaphern.» Es folgen unbelegte Behauptungen wie die, dass die AfD den Islam verbieten wolle und antisemitisch sei.

 

Schmidt schaffte es also, den Rechtsbruch des Amtes gegen die AfD zu bestätigen, nur um die Partei gleich wieder im Sinn des «Verdachtsfalls» zu diffamieren. Anderntags setzte die FAZ nach und unterstellte der Partei Winkeladvokatentricks. Andere Blätter folgten.

Treten wir einen Schritt zurück. Einen grossen. Ich habe mir jüngst den Watergate-Film «All the President’s men» angeschaut, mit Robert Redford als Bob Woodward und Dustin Hoffman als Carl Bernstein, beide Reporter der Washington Post. Dieser Film, der zum romantischen Erweckungserlebnis einer Journalistengeneration gehörte, zeigt die beiden Lokal-Reporter, wie sie der Macht hinterher recherchieren und ihrem Missbrauch, also der Regierung und dem von ihr instrumentalisierten Geheimdienst.

Es ist kein ideologischer Film. Sicher, Präsident Richard Nixon war Republikaner, Reporter Bob Woodward allerdings auch. In diesem Film geht es nicht um politische Programme, sondern um die Skrupellosigkeit, mit der die Macht missbraucht wird. Die demokratische Wachheit treibt sie. Das ist ihr Berufsverständnis, das treibt sie an: die kritische Kontrolle der Macht.

Ausgang der Recherche, die schliesslich einen selbstherrlichen und gleichzeitig paranoiden Präsidenten stürzte, der sich nicht an Recht und Ordnung halten wollte, bildete dieser ominöse Einsatz der «Klempner»-Brigade, einer bunten Truppe aus Kleinganoven und CIA, die während des Wahlkampfs ins Hauptquartier der Demokraten ins Watergate-Hotel einbrachen, um es zu verwanzen.

 

Seither hat sich viel geändert. Ein Satz wie der unserer Kanzlerin: «Wir werden uns bemühen, uns soweit es möglich ist an Recht und Ordnung zu halten», hätte damals die beiden und ganze Heere von Spiegel-Reportern in Bewegung gesetzt. Doch in diesen Zeiten verflattern solche Ungeheuerlichkeiten, soweit sie ins politische Weltbild passen, vor einem schläfrigen, regierungstreuen Presse-Corps.

 

Kurz gesagt: Heute jagen die Journalisten nicht mehr die Klempner-Brigade von Watergate, heute sind sie die Klempner. Sie fummeln im Sinne der Regierung.

Ein Beispiel gab kürzlich die Süddeutschen Zeitung in der Bundespressekonferenz. Deren Journalisten und andere beteiligten sich in einer Meute daran, den unabhängigen, kritisch nachfragenden und bohrenden Web-Journalisten Boris Reitschuster zu jagen und auf einer Seite 3 im Blatt zu erlegen – ihn, und nicht etwa die Regierung.

Sie tun es, weil sie in einem halluzinierten höheren und öffentlichen Auftrag Nazis stellen wollen, egal, wo sie diese finden. Und wenn sie solche Nazis mal nicht finden, erfinden sie welche. Seit es die AfD gibt, die «Alternative für Deutschland», finden sie diese Nazis eben dort, in der grössten und einzigen Oppositionspartei des Landes. Wie gross muss der Dünkel der Journalisten sein, die über eine Partei mit sechs Millionen Wählern die Nase rümpfen und oft ungeprüft die Propaganda der Regierung übernehmen?

 

Unappetitliche Figuren? Die gibt es wohl in jeder Partei. Soeben hat der stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende Georg Nüsslein, gegen den wegen Korruption ermittelt wird, seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Wie er soll sich auch der Mannheimer Unionspolitiker Roman Ebener am Geschäft mit Pandemie-Masken bereichert haben.

 

Doch im orchestrierten Niederknüppeln der AfD geht es eher um «Gesinnungsverbrechen», die kein Gesetz erfasst. Um Verstösse gegen «Wokeness», gegen die Kulturhoheit der Linken. Wie ein Unfallarzt beugt sich unsere Presse über jede Rede eines AfD-Politikers und hört die Brust ab und lauscht auf verdächtige Nebengeräusche. Klopft da «Fremdenfeindlichkeit», ist da irgendwo Nazi-Zeug?

Auch das hat sich geändert seit Watergate: die Herrschaftsmittel sind sublimer. Was war schon das Komitee zur Wiederwahl des Präsidenten mit seinem Reptilienfonds für schmutzige Tricks gegen regierungsnahe Organisationen wie die mit Millionen geförderte Antonio-Amadeus-Stiftung. Diese sogenannte NGO vertreibt Broschüren wie «Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der AfD» und behauptet gleichzeitig: «Mit einer Partei, die die Gleichheit aller Menschen bestreitet, kann man nicht in den Dialog treten.» Ja was nun? Gleich zuschlagen?

 

Ein in alle Ritzen der Gesellschaft eingedrungenes Gift moralischer Phrasen wie die Ablehnung von «Menschenfeindlichkeit» oder «rechts» oder «frauenfeindlich» gehört dazu, gleichzeitig eine politisch-korrekte Gendersprache, die die Auflösung familiärer Bindungen im Visier hat, wenn etwa die Linke von «gebärfähigen Menschen, meistens Frauen» spricht – wie denken Leute, die so formulieren, über ihre Mütter?

 

Selbstverständlich spielen diese Neusprechverordnungen mit der menschlichen Urangst vor dem Verlust der sozialen Zugehörigkeit. Deshalb werden sie befolgt. Sie müssen nicht verkündet werden, sie sickern ein.

 

Doch nicht nur die Antonio-Amadeus-Stiftung mischt mit. Auch die staatliche Bundeszentrale für politische Bildung nimmt die konservative AfD unter Dauerbeschuss. Doch die Regierung will nichts dem Zufall überlassen. Jüngst schob die Kanzlerin im Verein mit dem Koalitionspartner für den sogenannten «Kampf gegen rechts» eine Milliarde Euro in die unzähligen linken Empfänger-Töpfe, dazu kommen hunderte von Millionen Euro an «notleidende» Zeitungen, die selbstverständlich die Hand die sie füttert, nicht beissen.

 

Eine Washington Post unter Chefredakteur Ben Bradley (im Film obercool: Jason Robards) hätte schon das Angebot als Bestechungsversuch erkannt und mit einer Geste des Ekels abgelehnt. Und wahrscheinlich hätte er die Beine vom Redaktions-Tisch genommen und ein Editorial darüber verfasst. Doch nur durch solche Zuwendungen und Verfilzungen konnte das Zerrbild eine Oppositionspartei fabriziert werden, die verdächtigt wird, den Umsturz zu planen.

 

Dem Vernehmen nach umfasst das Dossier, mit dem Merkels Verfassungschef Haldewang die Oppositionspartei aus dem Weg räumen wollte, 1000 Seiten. Wer tausend Seiten braucht, hat nichts in der Hand. Unter anderem wird der Bezug des Magazins Compact als Verdachtsgrund vermerkt, in der DDR war es der Besitz eines Quelle-Katalogs.

 

Ebenso sind Kontakte zur Gruppierung 1 Prozent verdächtig. Ein Prozent! Wahrhaft gefährlich.

 

Die Pointe ist: Nicht die AfD plant den Umsturz, den «Great Reset», «Umbau» «Klima-Ausnahmezustand» sondern die Regierung. Ein Coup d’etat zur Auflösung der Nation, der Familie, der Traditionen, hin zu einer ortlosen Globalisierung. Und die AfD muss weg, weil sie im Weg steht. Sie schlägt Alarm, weil es weder die anderen Parteien tun noch die sogenannten Qualitätsmedien. Die polizeilich kontrollierten Masken sogar in der frischen Luft sind Gehorsamsübungen.

 

In den Mitteln, mit denen die Opposition bekämpft wird, ist man ebenso wenig wählerisch wie es damals die Nixon-Regierung war, etwa wenn die Kanzlerin im Stil einer Staatsratsvorsitzenden Wahlen annullieren lässt und eine ehemalige Stasimitarbeiterin die Sozialen Medien wie Facebook im Sinn der Regierung kontrolliert.

 

Von der Presse: nichts.

 

Kein Aufschrei.

 

Noch nicht einmal Recherchen über Rechtsbrüche der Dienste, der Regierung.

 

Wenn man sich auch bei unseren Medien nicht auf demokratische Wachheit verlassen kann, so doch auf den Opportunismus. Vergangenen Sonntag durfte man in der Talkshow „Anne Will“ erleben, dass sich die bisher eingeschworenen Leibgardisten der Kanzlerin, die Moderatorin und ihr Gast, der Spiegel-Journalist Markus Feldenkirchen, in die Büsche schlugen. Anne Will rief zu Merkels Pannen «Skandal» und Feldenkirchen nach einer neuen Regierung. So schnell kann es gehen bei unseren politischen Stimmungskanonen.

Auch sein  Chef, der einstige Agentenführer des Fälschers Relotius, dreht Pirhouetten, Uli Fichtner sein Name, der jetzt vollmundig eine “Nestbeschmutzung” verkündete, weil er die Pannenregierung wegen ihrer Arroganz und Unfähigkeit kritisierte, und damit allerdings offenbarte, mit wem er bisher seine Eier ausbrütete.

 

Eine wichtige Rolle im Watergate-Film spielt die Quelle Woodwards, die er «Deep Throat» nennt, ein geheimnisvoller Mann im Trenchcoat, eine Art whistleblower innerhalb der Regierung, der ihm bei den Treffen im Halbdunkel einer Tiefgarage Hinweise liefert.

 

Bei einem dieser Treffen drückt der Mann sein Missfallen am Pressewesen aus. Er sagt: «Wissen Sie, ich mag Zeitungen nicht besonders – ich habe nichts übrig für Oberflächlichkeit.»