Während die blauweiße Staatssekretärin und Digitaltotalpfeife sowie Mitglied der Ludwig-Erhard-Stiftung Dorothea Bär über einen (eventuell misslungenen) Witz von Stephan Paetow in „Tichys Einblick“ rot sah, der die ebenfalls Staatssekretärin für Dingens Sawsan Chebli beleidigte und den in unseren Tagen ständig glimmenden Scheiterhaufen des Sexismus hoch auflodern ließ und den ganzen Tichy verfluchte, der daraufhin vom Vorsitz der Ludwig-Erhard-Stiftung zurücktrat, schob sie noch einmal per Twitter und Interview nach, dass dies ja „nicht der einzige verbale Ausfall“ des Unternehmens Tichy sei. Ein gar forscher Auftritt und Versuch zur Cancel Culture jener “Staatssekretärin im Bundeskanzleramt”, die ich bzw. Mann (alter, weißer) als personifizierten Ausfall zu bezeichnen nicht umhin komme bzw. kommt.

Garnicht erstaunlicherweise aber doch ermutigend schwoll daraufhin die Unterstützung für Roand Tichy und sein Magazin mächtig an – was uns zu Vorgängen rund um den britischen Spectator bringt.

Dort nämlich hatte sich eine ganze Twitter-Rotte im Geiste Dorothea Bärs versammelt, um die für Social Media verantwortliche Jungschar des Coop-Konzerns mit einem Troll-Gewitter zu beeindrucken, das darauf hinaus lief, dass der Konzern doch bitte und künftig nie mehr Anzeigen in diesem glorreichen Magazin schalten möge, da es wiederholt zu groben Verstößen in Berichten über die Transgender Kultur gekommen sei – was mir eines der unbedingten Argumente für die Lektüre des Blattes bedeutet.

Die Trollfarm, die diesen Angriff startete, tat dies unter dem klangvollen Namen „Stop Funding Hate“, die 30 oder 40 Aktivisten – durchaus auch weniger – um sich sammelt, um dem Hass auf den „Hass“ den nötigen Wumms zu geben. In diesem Falle war es eine gewisse „Fajita“, die es mit einer „Alice“ des Konzerns zu tun bekam.

Vielen Konzernen schlottern die Knie angesichts der rufschädigenden und absatzhemmenden Gefahren solcher Negativ-Publicity.

Nicht so der Spectator, der seine erfreulichen Erträge nicht durch Anzeigen, sondern durch den Verkauf des Magazins erzielt.

Deren Eigner Andrew Neil schrieb an Co-op, dass sich der Konzern nicht weiter bemühen solle – ab sofort gelte ein Anzeigenstop. „Wir werden nicht dulden, dass ein Konzern seine finanielle Macht dazu nutzt, unseren redaktionellen Inhalt zu beeinflussen, der allein in der Verantwortung des Chefredakteur liegt.“ Das Schönste an diesem perfiden Vorstoß der Cancel-Cultur ist, dass er das Gegenteil bewirkte: der Spctator konnte 1000 neue Abonnenten gewinnen und als der Tweet des Spectator-Eigners über Co-op viral ging, wurde zum Boykott des Konzerns aufgerufen. 

Schließlich schaltete sich die Konzernspitze ein, die von all dem nichts wusste, und im gegenteil eine eigene Hauspolitik hat, in der Versuche auf redaktionelle Inhalte zu unterbleiben haben, und sie entschuldigte sich und schaltete eine Anzeige. Die Spectator-Redaktion wiederum nahm die Entschuldigung an und orderte eine Pallette des Co-op-eigenen Champagners, der, wie Kolumnist Nelson Fraser, berichtete, in einer Blindverkostung Schwergewichte wie Moet, Veuve und Bollinger aus dem Feld schlug. „Allerdings nicht den von Pol Roger, aber wer tut das schon“.

 

Den Vormittag über den Mann mit den Vorhängen in der Bude. Genau rechtzeitig. An den reichlichen Sonnentagen bisher hatte ich hier an der Ostsee das Rio-Gefühl, viel Grün innen, nochmehr Grün außen, die angenehmste Durchlässigkeit. Mit dem Einbruch der trüben Tage indes tut die Verpackung durch bodenlange, leicht transparente Stoffbahnen wohl. Man fühlt sich geschützt.