Tag zwei im C-Promi-Lager. Sara muss wieder zur Prüfung, scheitert und wird dennoch von den Mitinsassen getröstet. Fragt sich, wie lange deren Geduld hält. Eine andere weint sich schon in die Kissen.

Mittlerweile wissen wir aufgeklärten Christen ja, dass man die entscheidenden Wochen zwischen Weihnachten und Ostern nicht Fastenzeit nennt, sondern Dschungelcamp, was dem Vorläufer durchaus nahe kommen kann. Eine überschaubare Gruppe, Männer und Frauen, Schöne und Doofe und Dicke und alle irgendwas mit Medien – wahrscheinlich wollen deshalb heutzutage so viele genau das studieren – wollen in den Dschungel.

Im Grunde ist der Dschungel das perfekte Modell unserer Gesellschaft und die Gesellschaft wiederum ein Dschungel, oder, wie Sloterdijk sie einst definierte, “eine von medial induzierten Stress-Themen in Schwingung versetzte Sorgengemeinschaft”. Stress! Wir schwingen! Und machen uns Sorgen. Alles wie immer, und das ist erst mal ein gutes Zeichen.

Dabei ist das Fasten, ich kenn mich aus, noch nicht mal das Schlimmste. Das Schlimmste ist, wenn Walter, das alte RTL-Ross, nichts zu rauchen hat. Denn Zigaretten helfen gegen Hunger. Und gegen alles andere. Walter, der älteste der Runde, ist restlos runter mit den Nerven, weil er auf Jobsuche ist (‘nach 30 Jahren RTL auf die Straße gesetzt’) und so bewirbt er sich eben in die RTL-Kameras, mit all seiner Erfahrung, er war auch mal Programmdirektor und hat eine Weile Sachen verkauft auf QVC, aber “Was der Thomas, mit dem ich befreundet bin, mit ‘Wetten, dass..?’ gemacht hat, könnte ich auch, oder was der Günther, der Jauch macht”.

Nun ist zu Walters Verteidigung zu sagen, dass er auf dem Weg in den Dschungel von Feuerquallen angegriffen wurde. Stellte sich aber raus: War kein Angriff, war ein Paarungsversuch. Allerdings sollte auch für Quallen gelten: No, always means no. Und unser Walter hat den Biestern eindeutig zu verstehen gegeben, dass er nicht paarungsbereit ist.

Wir sorgen uns um ihn. Wir sind Teil der Sloterdijkschen Sorgengemeinschaft. Anders gesagt: Wir sind eine Schlangengrube von Sofa-Voyeuren, die lästern und hetzen aber manchmal auch überschwänglich und sentimental Herz zeigen.

Sara wird das Nesthäkchen

In der letzten Ausgabe war die großartig unverstellte, punkig trotzige Larissa Marolt unser Nesthäkchen. Diesmal könnte es die äußerlich und auch sonst sehr Larissa-ähnliche Sara werden. Natürlich gibt es auch in dieser Runde die Drama-Queen, wobei noch unentschieden ist, ob sie Walter heißt, oder doch Sara, die neben den fünf Totenköpfen in der “Hölle der Finsternis” weinend zusammenbricht und ohne die überlebenswichtigen Sterne ins Lager zurückkommt. Und sich schämt und als “Loser” verflucht.

Sei nicht so hart zu dir – rufen wir ihr zu. Die im Dschungel haben uns gehört. Denn anders als Larissa, die in der letzten Ausgabe von Winfried Glatzeder fast erschlagen wurde, wurde diesmal Sara getröstet. Tatsächlich! Entweder zehrt die Gruppe noch von den fetten Tagen vor Dschungelbeginn, oder sie ist irgendwie menschlicher im Umgang, was – ähm – schade wäre.

Übrigens war der Kakerlakenschleim, mit dem sich Sara einschmieren lassen musste, doch nicht das Ekligste in dieser Folge. Nein, der Ekel nistete auf dem Kräusel-Scheitel der rothaarigen Barum-Tochter Rebecca. So was Gelbes auf der weißen Kopfhaut zwischen den dünnen Haaren, nun begann das Rätseln. Die Tochter von Roberto Blanco fand das “voll eklig ey” und tippte auf unbekannte Insekten, die ihre Eier dort deponiert haben, worauf ein Entsetzensschrei durch die Runde ging.

Boah, fies. In meiner Facebook-Lästergruppe lief der Vorgang so ab: “was is denn dis?” “Eier aum Kopp” “Baumharz!” “Alien5”, “Hartz 5” “Da”… “Maren will nicht immer nur übern Beruf reden” Und das is Rechtsanwalt, Kunstkritikerin, IT-Expertin, Sirene, ich, eben der Querschnitt Deutschlands – der “Dschungel” eine milieuübergreifende Veranstaltung. Wie Fußball. Wir verdschungeln, einigermaßen lustvoll für die kommenden Wochen.

Schließlich gab ein Typ namens Jörn, den man aus irgendeiner Serie kennen muss, Entwarnung, wenn man das als solche bezeichnen kann: Die Dame hatte Harz aufm Scheitel, der von ihm mit einer Pinzette entfernt wurde. Was die gutgelaunten Moderatoren am nächsten Morgen zu der launigen Feststellung verführte, dass ja schließlich viele Dschungelteilnehmer mit Harz zu kämpfen hätten. Was zunächst höhnisch klingt, aber desweiteren einfach wahr ist.

Frau Blanco will den Namen ablegen

Nochmal zu Roberto Blancos Tochter Patricia. Ja, sie will ein neues Leben anfangen. Deshalb wird sie den Namen Blanco ablegen. Mein Gott, Wahnsinn, sie meint es ernst damit: ein neues Leben. Also, sie will jetzt als “PhoenixP” weiterleben, aber bei der Erklärung bin ich kurz eingenickt.

Alltagsdramen, Glück und Abstieg, alles wird hier verhandelt. Das Leben selbst. Maren Gilzer, die Glücksfee, frisch geschieden, nur drei Jahre verheiratet, aber über 20 Jahre mit dem Typ zusammen. Und nun das Aus, also Haus verkaufen, in ein kleineres ziehen, nee, Kinder sind nicht da, obwohl sie gerne eines hätte, hat sich nie ergeben und “eins im Ausland kaufen, is auch irgendwie blöd”. Sie hätte gerne tiefere Gespräche als über das Berufliche, also in ihrem Falle das Am-Glücksrad-drehen.

Also zum Beispiel mal über Scheidung und Trennung, aber wir sind erst am zweiten Tag. So früh ist es mit Voraussagen schwierig: Da Angelina sich im “Playboy” präsentieren durfte und Sara auch, wird es möglicherweise hier eine Art Showdown geben. Angelina ist die zartere. Sie hat ein Kissen dabei, auf dem ihr Freund und ihre beiden Hunde abgebildet sind. Sie vermisst alle drei, und abends gemütlich aufm Sofa und so, und da die drei so weit weg sind, muss sie weinen.

Und weinen. Und weinen. Und ist so schön dabei – mein Herz gehört Angelina. Bis jetzt.

Erschienen am 18.01.15 www.welt.de