Es geht um nicht weniger als Himmel und Hölle: Konservative und liberale Kardinäle bekriegen sich so heftig wie lange nicht über die Heiligkeit der Ehe. Ein Blick hinter die Mauern des Vatikans.

Er sieht seit ein paar Jahrhunderten schon sehr prächtig aus, dieser Felsen, auf den der Herr seine Kirche gebaut hat: der Vatikan. Der Petersdom. Golden leuchten die Bellini-Kolonnaden, die Basilika hoch darüber ist in weißes Licht getaucht, sodass die Kuppel silbern schimmert in den frühen Abendhimmel. Prunkende und auftrumpfende Frömmigkeit. Und drinnen das große barocke Heiligentheater, die Papstgräber, herabstürzende Engel, Michelangelos Pietà aus weichem, seidigem Marmor.

Kardinal Paul Josef Cordes, gerade 80 geworden, weist auf die Markierungen, die in den Boden im Mittelschiff eingelassen sind. Bis hier, raunt der emeritierte deutsche Kurienkardinal, würde der Kölner Dom reichen. Ein paar Schritte in Richtung Altar, bis hier die Kathedrale von Reims. Und bis hier der Dom von Speyer – sie alle hätten Platz in diesem Mutterschiff.

All das erbaut mit ergaunertem Geld, dem Ablasshandel. “Wahrscheinlich ist schmutziges Geld selten schöner und sinnvoller investiert worden”, kommt einem in den Sinn. “Es gibt tatsächlich die These”, sagt Cordes auf Sauerländisch, “dass allein der Petersdom das Überleben des Glaubens besorcht hätte.”

Und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwinden

Jesus
zu den Jüngern (Matthäusevangelium 16, 18)
Die Kirche und ihr Gottesvolk. Über 2000 Jahre haben sie alle Stürme überlebt, ganz so, wie es Jesus Petrus und den Jüngern prophezeit hat: “Und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwinden.” Doch im Moment stürmt und braust es heftig. Es geht um Himmel und Hölle, und darauf verstehen sich Katholiken.

Eine folgenschwere Korrektur

Im Oktober berieten und stritten die Bischöfe zwei Wochen lang vor allem über diese Frage: Dürfen Wiederverheiratete zur Kommunion gehen? Darin steckt Gewaltiges. Es geht um Kirchenrecht, Theologie, das katholische Menschenbild, die Heiligkeit der Ehe. Und das wird offenbar sogar von weltlichen Gerichten respektiert, auch wenn es zu bizarren Härten führt. Gerade hat die Kirche in Deutschland bescheinigt bekommen, in zweiter Ehe verheirateten Mitarbeitern kündigen zu können.

Es geht um Grundsätzliches. Da hat nun sogar, einmalig in der neueren Kirchengeschichte, der emeritierte Papst Benedikt eingegriffen, indem er einen seiner alten Aufsätze redigiert hat, still, akademisch, wie es seine Art ist. Damit die Korrektur nicht sang- und klanglos untergehe, hat der Herder-Verlag die Redaktionen in einer Pressemitteilung darauf gestoßen. Nämlich auf eine Änderung, die Professor Ratzinger für den vierten Band seiner “Gesammelten Schriften” an dem Aufsatz “Zur Frage nach der Unauflöslichkeit der Ehe” aus dem Jahre 1972 vornahm.

Mit einer kleinen Wendung am Schluss wurde der Aufsatz in sein Gegenteil verkehrt. Vorher las er sich als Plädoyer für eine Reform. Jetzt, 40 Jahre später, die auch 40 Jahre einer hektischen Scheidungsgesellschaft sind, plädiert Benedikt für die “Unauflöslichkeit der Ehe”.

Wieder mal ein Sturm, wie der, der vor einem halben Jahrhundert das Zweite Vatikanische Konzil begleitet hat. Doch damals war Aufbruch, heute geht es um Nachhutgefechte, um Auflösung, besonders für die deutschen Katholiken mit ihrem Drang nach Reformen. So ist die Lage: In den Heiligen Ländern kämpfen Christen gegen einen islamischen Sturm ums Überleben, und die Weltkirche berät über – die Liberalisierung der Sexualmoral.

Deutsche Kardinäle mal wieder vorn dabei

Kardinal Cordes steht vor dem gläsernen Sarkophag des heiligen Josaphat, ein eher unbekannter Heiliger aus dem 16. Jahrhundert, “erschlagen vonnem missgünstigen Orthodoxen”, flüstert Cordes, “mit sonne Axt”. Wir blicken auf die dunkle Märtyrer-Mumie, auf Purpurkissen mit goldenen Beschlägen.

Da, so würde nun einer wie Dan Brown weitererzählen, rückt der greise Kirchenmann mit einem grässlichen Geheimnis heraus. Cordes räuspert sich und schaut sich um. Aus einem Nebenaltar dringt der Schlussgesang einer Abendvesper, das ewige Licht zwischen den mächtigen Bronzesäulen über Altar und Krypta schimmert rot, Mönche eilen über den Marmor, Dunkel breitet sich aus, Gemurmel von einigen späten Besuchern, die dem Ausgang zustreben, und der Kardinal flüstert: “Ich happ dammals die Dokumente gefälscht.”

“Was?” Er hat sich selbst eine Einladung ausgestellt, ist mit einer Fälschung zum Vatikanum gelangt? “Das Konzil”, man denkt an Dan Brown, der Alte lächelt, seine Augen bleiben kalt dabei, ein letztes Amen von vorn, und der Kardinal setzt raunend fort: “Ich hab die Eintrittsberechtigungen zum Zweiten Vatikanum umgeschrieben.” Und sein beseeltes Lächeln sagt: Es hat sich gelohnt, jeder wollte damals dabei sein.

Cordes war gerade zum Priester geweiht worden und führte Besucher zur Berliner Mauer, und irgendwann war da auch ein Pole namens Wojtyla, aber das war erst viel später. Auch damals, im Zweiten Vatikanum, waren es die deutschen Bischöfe, insbesondere der Kölner Klüngel um Kardinal Frings, die vom Reformeifer befallen waren. Unter ihnen auch ein junger Theologieprofessor namens Joseph Ratzinger. Und ein anderer namens Karl Lehmann.

Cordes schaffte es mit seinem Trick in die Basilika Mitte der 60er-Jahre, es war jene Zeit, als Papst Paul VI. seine Krone, die Tiara, zugunsten der Armen verschenkt hatte. Große Gesten damals, Neuaufbruch. Und jetzt soll es wieder einmal vorangehen, und wieder sind deutsche Kardinäle vorn dabei.

Eine weltweite Umfrage unter Katholiken hatte dieses Treffen der Bischöfe im Oktober vorbereitet. Was ist mit Ehe und Keuschheitsgeboten, mit Empfängnisverhütung und den Geboten? Das vorhersehbare Ergebnis: ein Schweinestall. Lehre und Praxis klaffen weit auseinander. Aber war es je anders? Was wird der Papst, was die Weltkirche daraus machen? War es nur eine neutrale Diagnose, in der Art: Wie steht’s mit der Pumpe? Oder verbirgt sich dahinter die Frage: Wie hättet ihr’s denn gern?

Wort der Erneuerer hat beim Papst Gewicht

Viel Nervosität. Und sie lodert erneut auf in den Tagen nach den Beratungen. Vor allem die Kardinäle Walter Kasper und Reinhard Marx führen die Phalanx der Erneuerer an. Und sie können scheinbar mit dem Ohr des Papstes rechnen – Kardinal Kasper hat ihm seine Schrift “Barmherzigkeit” bereits während des Konklaves zugesteckt. Und Jorge Mario Bergoglio hat sich später, als Papst Franziskus, öffentlich dafür bedankt. Der deutsche Theologe und Kirchenhistoriker Kardinal Walter Brandmüller gehört zu den Konservativen. Kardinal Cordes steht eher in der Mitte. Die Kirchenführung ist zerstritten.

Tatsächlich gibt es kaum ein Thema, das so ausführlich im Neuen Testament behandelt wird wie diese Frage. Barsch lehnt Jesus in der Bergpredigt die Regel der Thora ab, nach der ein Scheidungsbrief (des Mannes an die Frau!) unter bestimmten Bedingungen erlaubt war. Immer wieder betont er in Variationen diesen Satz: “Was Gott verbunden hat, das soll der Mensch nicht lösen.” Zur Begründung beschwört er die Schöpfungsgeschichte. Gott erschafft Mann und Frau, der Idealzustand zu Beginn – Mann und Frau, die sich ergänzen, die ein Fleisch werden, um Nachkommen zu zeugen und im Bund mit ihm zusammenbleiben für immer.

Selbstverständlich wird hier auch die katholische Anthropologie herausgestellt, wird das Naturrecht neu bestätigt, das Männliche und das Weibliche als Grundmuster für alles Leben, vereint “in guten und in schlechten Tagen”, bis dass der Tod sie scheidet. Die kirchliche Scheidung ist nicht vorgesehen. Ein Paar bleibt nach Kirchenrecht verheiratet, auch wenn die zivile Scheidung längst vollzogen ist – es sei denn, es werden Gründe für eine Annullierung der Erst-Ehe vorgebracht, etwa, dass sie ohne den Wunsch und Aussicht auf Nachkommen geschlossen wurde.

Ernst nahm die Kirche in der Vergangenheit das Gebot der Unauflöslichkeit. Clemens VII. wollte eher auf England verzichten, als es zu dehnen, und nahm die Abspaltung der anglikanischen Kirche unter Heinrich VIII. in Kauf. Die kirchliche Ehe ist von einem sakramentalen Strahlen umgeben, sie ist der Bund der Eheleute mit Gott, eine Verabredung für die Ewigkeit und daher weit mehr als eine Fotogelegenheit.

Viele Katholiken aber wünschen sich die zweite Chance, möchten vor allem wieder an der Kommunion teilnehmen, was ihnen als geschiedenen Wiederverheirateten verwehrt bleibt, da sie in Sünde leben.

Es hätte schlimmer kommen können

Paul Josef Cordes
Kardinal, über die Wahl von Papst Franziskus
In der kleinen Kapelle von Kardinal Cordes steht ein Glasschrein mit Reliquien, die kleine Kappe von Johannes Paul II. liegt dabei. Cordes, Mystiker, Filmfreak. Sein Vater hatte ein Kino. In seiner gerade erschienenen Biografie “Unter drei Päpsten” erzählt er von seinem Vater, der ein Kino betrieb; Paul bestellte die Filme. “La Strada”, schwärmt er, mit Anthony Quinn und Giulietta Masina, “aber dafür mussten wir auch Rudolf Prack und Sonja Ziemann zeigen. Vater war dagegen, dass ich Priester wurde, er wollte, dass ich Karriere mache.” Na, das ist ja nun gründlich misslungen.

Cordes, Typ normannischer Kleiderschrank, solider Sauerländer, erzählt vom Konklave, von der Wahl Bergoglios zum Papst. “Ich fand es furchtbar, die Entscheidung zu treffen”, sagt Cordes, “ich kannte ja die meisten, rechts außen und links außen.” Und dann, mit Blick auf Franziskus: “Es hätte schlimmer kommen können.”

Geheimnisse sind immer Teil des Glaubens

In der Schlacht um Rom war Cordes eher auf der Seite der Konservativen. Er hat zum Kaffee eingeladen in seinen Räumen im Palazzo del Sant’Uffizio. Auf seinem Stockwerk, dem dritten, saß Galileo Galilei in Haft. Das sind hier so die historischen Maßstäbe, in diesen ockerfarbenen Palästen und kühlen Innenhöfen des Vatikans. Die Glaubenskongregation ist hier zu Hause, im Stockwerk unter Cordes arbeitete jahrelang Kardinal Ratzinger. Man traf sich vorm Fahrstuhl, lud sich gegenseitig zum Namenstag ein und war sich gesonnen.

Über die Ledersessel lässt sich sagen, dass sie hellbraun sind und klobig und bequem, irgendwo dahinten steht ein Esstisch, an der Wand Ikonen seines Maler-Freundes Kiko Argüello. Die neuen geistlichen Bewegungen, Cordes hat sie geleitet. Auf ihn geht die Idee zu den Weltjugendtagen zurück. Dieser Kiko war eines Tages in die Slums von Madrid gezogen, um unter den Ärmsten zu wohnen und zu evangelisieren. Natürlich weckt so etwas den Argwohn der säkularen Welt, die im Glauben immer irgendwelche Geheimnisse vermutet. Zu Recht.

Aber was ist Glaube anderes als Geheimnis? Cordes hat sich in seinem letzten Buch mit den Mystikern beschäftigt, mit denen, denen Gott begegnet war, in Visionen und Offenbarungen wie Meister Eckhart, Hildegard von Bingen, Blaise Pascal. Beispielmenschen, bei denen Glaube zur euphorischen Gewissheit wurde.

Dann kommt Cordes auf die Synode, auf den amerikanischen Kardinal Raymond Leo Burke, der lospolterte, jede Veränderung der Lehre sei Häresie. Cordes lehnt sich zurück. “Früher ging man sowieso nur zweimal im Jahr zur Kommunion, das war was Besonderes – heute ist das sonne Selbstverständlichkeit geworden.”

Die Furcht vor dem Dammbruch der Häresie

Merkwürdige Vorkommnisse durchzogen die Synode. Da wurde ein Buch, das konservative Kardinäle an die Synodalen verschicken wollten, auf der Poststelle des Vatikans konfisziert. Da wurde ein offizielles Resümee des Reformers Kasper verfasst, das darauf schließen ließ, dass sich die Progressiven durchgesetzt hätten – es wurde nach heftigen Protesten kassiert.

In seiner Schlussbotschaft nahm sich der Papst, der zwei Wochen lang geschwiegen und gelächelt und genau beobachtet hatte, wer sich wohin bewegt, beide Seiten vor. Die Traditionalisten mit ihrer Gesetzespedanterie. Aber auch die “Progressiven und die Liberalen”, die im Namen einer “trügerischen Barmherzigkeit die Wunden verbinden wollen, ohne sie zuerst kuriert zu haben”.

Tüchtige Abreibung also auch für Kardinal Kasper. Möglicherweise war der Papst auch verärgert darüber, wie Kasper die afrikanischen Bischöfe verprellte – er hatte ihnen bedeutet, sie sollten sich aus europäischen, besonders aus deutschen Belangen heraushalten, die würden sie nicht verstehen. Rassistisch fanden die Afrikaner das, rassistisch, das meinte auch die Presse. Kasper ruderte zurück, entschuldigte sich.

“Ich bin ihm im Konsistorium fast an den Wickel gegangen”, ruft Kardinal Walter Brandmüller mit fränkischem Rollen in der Tür seiner Wohnung, hier im Vatikan unterhalb der Gärten. Brandmüller, der emeritierte Chefhistoriker der Kurie. Die Synode hat ihn mitgenommen. Man stelle sich vor, wie der 83-jährige Kirchenhistoriker den 85-jährigen Kurienkardinal beim Wickel packt. Beide sind so um die 1,60 Meter. In diesen Tagen der Synode wurde eine lebenslange Feindschaft begründet. Theologisch.

Es ist vormittags, ein samtblauer warmer Herbsthimmel über Rom, und der kleine Kardinal Brandmüller bebt. Es war sein an die Synodalen gerichtetes Buch, das nicht durch die Vatikan-Poststelle kam. Der Inhalt: ein konservativer Leitfaden zur Scheidungsdiskussion. Walter Brandmüller schaut nun traurig drein, schüttelt den Kopf, winkt in sein Studienzimmer. Erst mal einen Kaffee.

Brandmüller flüstert, als seien Spione unterm Tisch. “Jeder misstraut jedem.” Er schüttelt den Kopf. “Das kann die Kirche zerreißen.” Wenn die Ehe nicht mehr als unauflösbar gelte, dann sei ein zentrales Sakrament aus dem Glauben entfernt. Ein tragendes Element.

Jeder misstraut jedem. Das kann die Kirche zerreißen

Walter Brandmüller
Kardinal
Dann käme wahrscheinlich als Nächstes die Abschaffung des Zölibates, dann die Schwulenehe, ein Dammbruch. “Es wäre Häresie”, sagt Brandmüller und geht hinüber zu seinem Bücherregal, “schauen wir doch mal in den Herzinger.” Die roten Bände mit den Konzilsdokumenten, er murmelt: “Pius fünf, Pius sechs, hier das Konzil von Trient. Bitte”, er deutet triumphierend auf eine Seite, “hier Absatz 1470.” Und Brandmüller zitiert auf Lateinisch das Verbot der Wiederheirat und der Kommunion für die Wiederverheirateten, weil sie im Zustand der Sünde leben, technisch im Stand der Vielweiberei, weil die Erst-Ehe fortbesteht.

“Was ist denn, wenn der Papst ein Häretiker ist?” – “Dann ist man ihm keine Gefolgschaft mehr schuldig”, sagt Brandmüller leise. Ist Franziskus der Häretiker auf dem Stuhl Petri? Ein Freimaurer? Ein Stoff für Dan Brown? Oder nicht doch eher ein Stoff für die Massenmedien? Der Papst begeistert die Massen. Er zierte das Cover des “Rolling Stone”. Er hat wahrscheinlich nicht ganz so viele Twitter-Follower wie Miley Cyrus, aber dafür 1,2 Milliarden echte, nämlich Katholiken in aller Welt.

Mit welchem Rosenkranz betet es sich besser?

Und die strömen nach Rom. Beim Angelus-Segen ist der Petersplatz neuerdings schwarz vor Menschen, und die Via Conziliatore, die auf den Vatikan zulaufende Straße, muss gesperrt werden. Die Andenkenhändler sind glücklich. “Mit welchem Rosenkranz betet es sich denn besser?”, will man wissen. “Mit Benedikt oder mit Franziskus?” Er lacht sich scheckig, er kommt aus Bangladesch. Aber seit Franziskus da ist, sagt er, brummt der Laden.

Links von der Schweizegarde, jenseits der Unterführung, in der die Afrikaner ihre erstaunlich geschmackvollen Dolce&Gabbana-Imitate verkaufen, liegt die “Trattoria Vittoria”, in der Claudio die wunderbarsten Frutti di Mare auftischt und marinierte Sardellen und ordentliche Weine und die besten Fettuccine mit Steinpilzen.

Claudio, der Chef der Trattoria, findet es traurig, dass er nachts kein Licht mehr in den päpstlichen Gemächern sieht. So wie früher. “Das Licht da oben war mein Referenzpunkt.” Manche finden es albern und unnötig, dass Franziskus aus den päpstlichen Gemächern nach unten ins Gästehaus Santa Marta zog. Da unten einen Papst zu beschützen erzeugt erhebliche Mehrkosten.

Sicher, wo er jetzt übernachtet, ist es schön. Santa Marta. Hübscher Esssaal, eine minimalistische Kapelle auf rötlichem Marmor, die Zimmer sind in einem erlesenen Mönchsstil gestaltet, den sich Versace hätte ausdenken können. Dunkles Parkett, das nach Waldboden aussieht, Eremitenstil. Dann ein großes, bequemes Bett, das Gestell aus gebogenem dunklem Stahl mit goldenen Bällen als Schlusstücken. Ein schlichtes Kreuz an der Wand. Darunter ein Tischchen, das nach gut erhaltenen 500 Jahren aussieht.

Einen großen Vorteil hat Santa Marta für Papst Franziskus – hier unten kann er das Protokoll besser umgehen. Er verändert seine Stundenpläne nach Laune. Er liebt die Stegreifpredigt, die improvisierten Interviews. Bischof Georg Gänswein, Chef des päpstlichen Protokolls, treibt das Durcheinander in den Wahnsinn. Mehr und mehr kümmert sich Gänswein um den Papst emeritus.

Ansonsten treffen sich die beiden Päpste überraschend oft zum Mittagessen. Und Benedikts redigierter Aufsatz? Da weist der Ex-Papst – neben der “Unauflöslichkeit der Ehe” – nachdrücklich auf die Möglichkeit der Annullierung hin. Nur eine kleine theologische Gewichtsverlagerung, für Außenstehende mag der Unterschied eine Spitzfindigkeit sein, für die Kirche ist er fundamental.

Prompt gab Franziskus ein Interview, in dem er auf kostenlose und unbürokratische Hilfe bei Annullierungen drängt. Das wäre die Lösung, ohne den Kern der kostbaren kirchlichen Lehre anzutasten. Sie wird immer kostbarer. Wo sonst wird so tief über das Heilige in menschlichen Beziehungen nachgedacht, über Mann und Frau und Familie.

Erschienen am 24.11.14 www.welt.de



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